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jason isbell (drive by truckers)

the nashville sound

Mit „Something More Than Free“ hat Jason Isbell in den beiden letzten Jahren richtig abgeräumt. Es war ein kommerzieller Erfolg und erhielt begeisterte Kritiken. Das Album holte zwei Grammy-Awards und zwei Americana Music Association-Awards. Und Jason erhielt vom Magazin „American Songwriter“ den absoluten Ritterschlag: „Es gibt keinen besseren Songwriter auf dem Planeten in diesem Moment, keiner arbeitet mit der gleichen Tiefe, Eloquenz oder dem gleichen Feeling.“ Wow! Ganz schöne Lorbeeren, die aber auch schon mal lähmend und belastend auf einen Künstler auswirken können.

Doch nicht bei Jason Isbell. Der ist geerdet genug und viel zu sehr seiner Musik verschrieben, um hier unsicher zu werden. Im Gegenteil, mit seinem neuen Werk The Nashville Sound, bei dem wieder seine Band „The 400 Unit“ mit seiner Frau Amanda Shires mit von der Partie sind, geht er nicht nur konsequent seinen Weg, nein er toppt die Vorgänger-Scheibe nochmals in Sachen Ehrlichkeit, humanes Denken und Blick für soziale Realitäten, gepaart mit wunderschöner Poesie und schnörkelloser Musik voller Melodien.

Wieder begibt er sich durch die Roots- und Americana-Landschaften der amerikanischen Südstaaten und wieder fällt sein Blick hinter die Kulissen des romantischen Südens, der längst an vielen Stellen an die dritte Welt erinnert. Die öffentliche Infrastruktur ist marode, Armut herrscht unter weiten Teilen der immer noch vielerorts in schwarze und weiße Communities getrennten Bevölkerung. Ob in windschiefen Hütten oder in den Trailerparks. Schon der langsame Opener „Last Of My Kind“ beschreibt die die zerstörte, von Armut und Verlust geprägte Welt der Unterschicht im amerikanischen Süden mit ebenso einfachen wie verblüffend gut funktionierenden Bildern. Schon in diesen ersten Minuten des Albums zeigt sich, dass der „American Songwriter“ keinesfalls falsch liegt.

Mit „White Man’s World“ singt Isbell über die Benachteiligung von Frauen, über Rassismus gegen Schwarze oder über die aktuellen politischen Entscheidungen der Trump-Regierung, die einen vermeintlichen Vorteil für die USA über das Wohl des Planeten stellen. Jason Isbell artikuliert sich auf „The Nashville Sound“ endgültig als einer der schärfsten Kritiker der Trump-Administration in der Americana-Szene neben den starken Frauen Mary Gauthier, Rhiannon Giddens und Alynda Lee Segarra, sowie Altmeister John Mellencamp.

Doch ist Isbell, und das macht seine Qualität als Songwriter eben aus, weit davon entfernt, politische Programme zu vertonen. Er ist ein genauer Beobachter und erzählt von gesellschaftlichen Fehlentwicklungen anhand von empathischen Liedern über das Schicksal einzelner Menschen. So erzählt „Cumberland Gap“ von der Hoffnungslosigkeit eines Jungen aus den Appalachen. Isbell singt von einem Bergarbeitersohn, der vom Abhauen träumt und seine Langeweile und seinen Frust mit Alkohol und Drogen bekämpft.

Doch Isbells zutiefst menschliche Sichtweise zeigt sich auch in anderen Themen an die er sich auf diesem Album herantraut. „If We were Vampires“ ist abseits der vielen rockigen Nummern ein ruhiger, nachdenklicher, bitter-süßer Song, den er zusammen mit seiner Frau Amanda Shires intoniert. Der Song geht darauf ein, dass auch liebende Paare sterblich sind und es irgendwann einmal so sein kann, dass einer der beiden alleine auf der Welt ist.

Am Ende dieser Tour de Force in den amerikanischen Süden und der Seelen seiner Menschen – wieder war Erfolgsproduzent Dave Cobb für das Album verantwortlich, aufgenommen wurde im legendären RCA-Studio A in Nashville – bleibt man nachdenklich, aber bei aller Dramatik der Situation, dennoch nicht hoffnungslos zurück. Denn der Humanismus Isbells kennt noch Hoffnung. Noch kann man etwas verändern!

Fazit: Zusammen mit seiner Band „The 400 Unit“ liefert Jason Isbell wieder ein großes und bedeutendes Americana-Werk ab. Jason Isbell ist und bleibt der unbestrittene Chronist des verstörten und gespaltenen Amerikas. Amerikanischer Klassiker!

Release
16.06.2017
Genre
Americana

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